Rike erzählt Ben wieder von ihren Entdeckungen im Hilbertraum.
Rike Weißt du, diese Hilberträume mit Orthonormalsystemen , Skalarprodukt und dem schönen Zerlegungssatz für jeden Vektor
mit
die findest du nicht nur im Zwei- oder Dreidimensionalen. Du als Informatiker hast ja viel mit längeren Arrays zu tun…
Ben Klar! Gerade bei AI müssen wir tausende Parameter verarbeiten. Klar könnten wir Arrays als Vektoren im Vektorraum auffassen – und wenn du willst, auch im Hilbertraum.
Rike Ja, das wäre nicht schlecht! Das Skalarprodukt wäre
im Reellen und
im Komplexen.
Ben Okay.
Rike Stell dir vor, um die Differenz zweier Arrays im Hilbertraum zu berechnen, könnte man die Norm
benutzen.
Ben Klar.
Der Folgenraum l2
Rike Nun stell dir vor, die Arrays werden immer länger, die Raumdimension wird immer größer – und schließlich ist nicht mehr zu beschränken und festzulegen.
Ben Der Horror für alle Informatiker!
Rike Ja, also du hast dann Folgen mit unendlich vielen Komponenten.
Ben Super!
Rike Neben der Vektorraumstruktur und dem Skalarprodukt
im Reellen oder
im Komplexen muss man noch fordern, dass für jede Folge das Skalarprodukt mit sich selbst und folglich auch die Norm
konvergiert.
Ben Richtig.
Rike Okay, damit haben wir den Raum bzw. verallgemeinert zu einem Folgenraum der quadratisch integrierbaren Folgen, der .
Ben Okay.
Rikes Signalaufgabe
Rike Jetzt stell dir vor, du als Informatiker, kriegst eine Zahlenfolge geliefert, eine Art Information oder Signal:
Du sollst dazu einen Vektor
in einem geeigneten Hilbertraum mit einem geeigneten Orthonormalsystem finden!
Ben Haha! Das Signal aus einem fremden Universum! Ich kriege unendlich viele Informationen und soll daraus ein einziges Element konstruieren? Ist das ein Paradoxon?
Rike Haha, nein, nein. Also lass uns mal die Folge mit
nehmen. Die ist quadratisch summierbar.
Ben Okay, das ist schon mal was, dass nicht Alles voll daneben geht.
1. Die Fourier-Reihe aus der Folge
Rike Und als Hilbertraum nehmen wir mal den Raum der quadratisch integrierbaren Funktionen mit periodischen Randbedingungen über dem Intervall , dem . Die Konstante, die Sinus- und die Kosinusfunktionen bilden ein Orthonormalsystem:
Das Skalarpordukt ist in diesem Raum
Ben Ah, die Fourier-Reihe!
Rike Richtig, der Raum der Schwingungen. Man versucht, Alles durch Überlagerung von Schwingungen auszudrücken.
Ben Na gut, ich zeichne mal die Fourierreihe für ein paar Glieder, 9, reicht das, Rike?
Rike Okay, Ben, ist ein kleiner Anfang!
2. Die Tschebyschew-Reihe aus der Folge
Ben Aber sag mal, ist das der einzige Funktionenraum?
Rike Hey, Ben! Das ist der Punkt, die gegeben Zahlenfolge kann auch in einem anderen Raum interpretiert werden. Zum Beispiel bilden die Tschebyschew-Polynome auch ein Orthogonalsystem im Raum der quadratisch integrierbaren Funktionen über [-1, 1], dem . Das Skalarprodukt ist dann
Ben Hmm, schon anspruchsvoller zu integrieren!
Rike Stimmt! Aber das Gute, die Polynome berechnen sich rekursiv, du brauchst also nicht so große Potenzen zu berechnen.
Ben Okay, ein Hoffnungsschimmer.
Rike Die Tschebyschew-Polynome sehen so aus:
Ben Gut, dann versuche ich mal, die 9. Näherung
zu zeichnen.
Hier, Rike! Dieses ist jetzt nicht periodisch, es sieht fast wie eine Corona-Kurve aus!
Rike Nein, deine Kurve wächst nur polynomial, nicht exponentiell!
Der Satz von Fischer & Riesz
Ben Aber sag mal Rike, wenn ich eine Folge bekomme und einen Hilbertraum mit Skalarprodukt und Orthonormalsystem , dann müsste doch die Zuordnung
eineindeutig sein? Aus der Folge kriegst du die Funktion
und umgekehrt, aus der Funktion kriegst du mit
die Zuordnung zur Folge
Rike Hey, Ben, du hast gerade den Satz von Fischer & Riesz gefunden – nur leider 100 Jahre zu spät!
Ben Haha!
Übungsaufgaben
Überprüfe die Orthonormalität einiger Funktionen:
Lösungen
1, 0, 1, 0, 1, 0, 1